Wie du Selbsterkenntnis erlangen kannst (Teil 1)

8. November 2016

Schaue in den Spiegel und erkenne dich selbst

Selbsterkenntnis bedeutet, sich selbst zu erkennen.

Und das kannst du nicht, in dem du Bücher über Psychologie studierst, sondern nur, indem du dich selbst studierst.

In dem du in den Spiegel schaust und dich erkennst. Nicht in den gewöhnlichen Spiegel, der dir dein Äußeres zurückwirft, sondern in den Spiegel, der dir dein Inneres zeigt.

Und dieser Spiegel ist die Welt und die Beziehungen, die du führst.

Dieser Beitrag ist Teil eins einer kleinen Serie zum Thema Selbsterkenntnis, in der es darum geht, wie du sie erlangen kannst und was du mit dieser Selbsterkenntnis anfangen kannst.

Die Welt als Spiegel sehen

Du willst dich erkennen, so beobachte, was du in der Welt siehst.

Deine Gedanken erschaffen die Welt, wie Buddha weise sagte. Demnach ist alles, was dir begegnet, eine Reflexion dessen, was du denkst und fühlst.

Vielleicht ist es dir selbst schon einmal aufgefallen:

Wenn du Glück und Freude spürst, siehst du Glück und Freude in der Welt. Wenn du verliebt bist ist das der sogenannte „Blick durch die rosarote Brille“. Alle Menschen scheinen freundlich zu sein und es gut mit dir zu meinen.

Wenn du Hoffnung und Vertrauen hast, siehst du Hoffnung und Vertrauen in der Welt. Du bist offen für die Liebe und die Güte, die das Leben bereit hält, weil du sie selbst erfahren durftest.

Wenn du Ängste und Probleme hast, siehst du diese Ängste und Probleme in der Welt. Jemand, der nicht deine Ängste hat, sieht nicht, was du siehst – beispielsweise den nahenden Krieg, der dein Leben gefährdet. Er sieht mit seinen Augen und damit seine Angst in der Welt – zum Beispiel die Krankheit im Alter, die seine Lebensqualität einschränkt.

Alles was du wahrnimmst, ist das, was du in dir trägst.

Studiere deine Wahrnehmung, das, was dir begegnet und wie du darüber denkst. So kannst du die Wahrheit über dich herausfinden und Selbsterkenntnis erlangen.

Beziehungen als Spiegel sehen

Du willst dich erkennen, so beobachte die Beziehungen, die du führst und wie du dich in ihnen verhältst.

Nicht nur deine engen Beziehungen, sondern alle Beziehungen, die du führst. Jeden Kontakt mit einem Menschen – immer dann, wenn du „in Beziehung zu einem Menschen trittst“.

Beobachte deinen Umgang mit den Menschen. Was sie in dir auslösen und wie du dich ihnen gegenüber verhältst.

Denn alles, was du in anderen siehst, dich berührt, dich ärgert oder dich zufrieden stellt, hat unweigerlich mit dir zu tun. Es ist deine verletzte Seele, deine sensible Seite, dein Ego oder es sind deine Ängste, die sich dir in anderen Menschen spiegeln und deine Gefühle auslösen und dich dazu bringen, dich auf diese oder jene Art einem Menschen gegenüber zu verhalten.

Um das zu erkennen, musst du dir deiner selbst bewusst werden.

Du darfst nicht in Gewohnheit leben, sondern musst aufmerksam sein. Mit einem wachen Geist das eigene Verhalten beobachten und daraus Rückschlüsse ziehen.

  • Wie sprichst du mit wem?
  • Wen behandelst du freundlich, wen abwertend?
  • Wann bist du aggressiv, wann verletzend?

Daraus kannst du ergründen, welche Motive du hast, welche Ängste und Instinkte in dir wohnen.

Vor allem aus deinen negativen Emotionen kannst du viel über deine Schwächen und Ängste lernen.

Was bringt dich aus der Fassung?

Wenn es beispielsweise Kritik, Vernachlässigung oder Nichtbeachtung deiner selbst und deiner Bedürfnisse ist, zeigt das, dass du einen großen Wunsch nach Anerkennung hast und von anderen gemocht werden willst.

Du ziehst aus ihnen und ihrer Reaktion deinen Selbstwert.

Minderwertigkeitskomplexe sind daher deine Baustelle.

Durch das Studieren deiner Beziehungen kannst du aber auch deine wertvollen Seiten erkennen.

Dazu musst du aufmerksam für das Feedback anderer sein, denn nicht immer ist das offensichtlich. Manchmal zeigt auch eine kleine Reaktion oder ein unauffälliges Verhalten, wie gut du einem Menschen tust und was deine Stärken sind: Ein dankbares Lächeln. Ein sich Öffnen, ein sich Beruhigen in deiner Gegenwart lassen dich beispielsweise wissen, dass du Ruhe ausstrahlst und fähig bist, andere in ihrem Schmerz aufzufangen.

Seien es die positiven oder negativen Aspekte: Dein Verhalten und deine Gefühle zu ergründen und zu verstehen – das heißt, dich selbst zu erkennen.

Der Spiegel des Lebens führt dich zur Selbsterkenntnis

Selbsterkenntnis heißt, dich selbst bewusst wahrnehmen.

Dazu kannst du die Welt und all deine Beziehungen nutzen, weil dein ganzer Eindruck ein Spiegelbild deiner selbst ist, das die Welt auf dich zurückwirft.

Nutze diesen Spiegel jeden Tag.

  • Studiere mit Achtsamkeit deine Wahrnehmung.
    Mach dir bewusst, warum dir was auf welche Art begegnet.
  • Studiere mit Achtsamkeit dein Verhalten.
    Mach dir bewusst, warum du dich wie verhältst.

Dadurch fängst du an, dich zu verstehen und damit, Selbsterkenntnis zu erlangen.

Und automatisch wird sich dein Verhalten ändern.

Schritt für Schritt.

Weil du die Tiefe hinter dem Bild, das du siehst und hinter dem Verhalten, das du lebst, erkennst.

Das, was bisher unterbewusst von deinen Gefühlen, deinem Ego oder deinen Ängsten gesteuert war, enttarnst du nun und schaltest damit den Autopiloten aus.

Du übernimmst die Führung und kannst:

  • bewusster Entscheidungen treffen
  • selbstbestimmter leben
  • zufriedener werden

Wie das genau funktioniert, erfährst du nächste Woche in Teil zwei dieser kleinen Serie.

Was für Erkenntnisse hast du heute durch den Spiegel gewonnen?


Weiterführende Links:

5 Gedanken zu „Wie du Selbsterkenntnis erlangen kannst (Teil 1)“

  1. Danke Bettina,

    ich habe zwar ein wenig Probleme mit dem Teil, der besagt, dass alles was ich wahrnehme, ich auch in mir trage.
    Ich sehe die große Gefahr für die Welt, die Natur und die Menschheit. Umweltzerstörung, Kriege, Machtbesessenheit, Oberflächlichkeit, maßlosen Egoismus. Und ich behaupte dass das so nicht in mir steckt.

    Doch dass meine inneren Reaktionen alles aussagen über mich, da bin ich ganz Deiner Meinung. Danke, Bettina. Ich habe nun ein Tagebuch angelegt, in dem ich meine Reaktionen bewusst mache, und so meine Baustellen angehe.

    Danke nochmals, und alles Liebe

    Martin

    Antworten
    • Lieber Martin,

      danke für deine Frage und ich weiß, dass das nicht einfach zu verstehen ist. Es heißt nicht unbedingt, dass du die Dinge, die du siehst, selbst lebst. Es geht auch viel um das Gefühl in dir, das diese Dinge auslösen. Du beobachtest, was du siehst und diese Bilder verursachen ein Gefühl in dir. Sie spiegeln dir etwas. In deinem Fall nehme ich an, dass es deine Angst ist. Naturkatastrophen, Machtbesessenheit, Egoismus, Oberflächlichkeiten führen zu einer Gefahr für Natur, Welt und Menschheit, wie du beschreibst. Davor hast du Angst nehme ich an und deswegen nimmst du diese Eindrücke so deutlich wahr.

      Wie im Text beschrieben, der, der keine Angst hat, sieht diese Dinge auch, aber er nimmt sie mit einem anderen Gefühl wahr. Sie spiegeln sich auf ihn in einem anderen Kontext.

      Eine wunderbare Idee mit dem Tagebuch. Den Tipp, seine Beobachtungen aufzuschreiben habe ich auch in meinem zweiten Teil angesprochen, der nächste Woche erscheint 🙂

      Alles Liebe
      Bettina

  2. Danke Bettina, für diesen sehr wertvollen ersten Teil. Der Spiegel als Reflektor meines Ich’s.
    Es ist mir beim Durchdenken dieses Themas aber eine Frage gekommen.
    Du gehst in Deinem Artikel immer von einem starren Spiegel aus (verbessere mich, wenn ich falsch liege). Du sprichst immer von der „theoretisch glatten“ Umgebung als Spiegel.
    In der Realität sieht der Spiegel aber sehr wechselhaft aus. Der Spiegel ist nie starr, weil das spiegelnde Gegenüber stark variabel ist.
    Wie kann man dennoch einen objektive Einschätzung seiner selbst erhalten, wenn der Spiegel sich ständig verändert und so viele Facetten aufweisen kann wie es Farben gibt ??
    Beispiel:
    Ich bin in einer Gruppe von 10 Personen. Plötzlich passiert etwas in der Gruppe und ich reagiere spontan auf dieses Ereignis, ohne nachzudenken. Diese Handlung sollte daher mein inneres Ich widerspiegeln, weil ich aus dem Bauch heraus reagiert habe.
    Einige der Gruppenmitglieder sagen hinterher, das hast Du ganz toll gemacht. Wie Du immer so gut reagieren kannst. Andere meinen, so einen Blödsinn hätten sie noch nie gesehen. das macht man doch ganz anders.
    Was sollen mir diesen beiden Spiegelungen auf mein Verhalten sagen ??
    Bin ich nun ein guter Mensch oder ein Versager ?? Was wird mir hier gespiegelt? Welche Selbsterkenntnis kann ich daraus ziehen ?
    Hier kann ich mich doch nur auf die Erkenntnis zurückziehen, dass ich es im Grunde keinem Menschen recht machen kann, egal was und wie ich etwas mache.
    M.E. funktioniert hier ein Spiegel nicht so richtig. Hier ist meine Stärke gefragt, die mir sagt, dass ich es genau so gemacht habe, wie ich es für Richtig halte. Egal, ob andere es für fehlerhaft halten. Egal was der Spiegel sagt.
    Ist die Verneinung des Spiegelbildes genau der Spiegel in dieser Situation ?

    Danke Bettina für Deine Bemühungen und Deine tollen Beiträge . . .

    Antworten
    • Lieber Sören,

      vielen Dank für deinen Kommentar und deine sehr berechtigte Frage. Das Thema ist wirklich umfangreich und vielleicht habe ich mich in meinem kurzen Beitrag zu beschränkt ausgedrückt. Du hast recht, dass der Spiegel variiert, dennoch glaube ich, dass dein Umfeld dir als Spiegel dient. Die Spiegelung hierbei ist nicht zwingend das Bild, das du siehst, sondern viel mehr das, was diese Bilder in dir auslösen.

      Du beschreibst zwei Reaktionen auf dein Verhalten. Was lösen die unterschiedlichen Reaktionen in dir aus? Wie denkst du darüber? Glaubst du jenen, die dich verurteilen und fühlst dich schlecht, weil du so gehandelt hast? Oder glaubst du jenen, die dich stärken und fühlst dich gut, dass du deinem Impuls gefolgt bist?

      Du hast richtig erkannt, dass es hier um DEINE Erkenntnis geht. Das, was du mit diesen Bildern anfängst. Du kannst es niemandem recht machen, das zum einen, zum anderen kannst du dein Selbstvertrauen prüfen. Würdest du es wieder so machen, weil es sich für dich richtig angefühlt hat, auch wenn dir die Leute sagen, dass es falsch war? Bist du so sicher in dir verwurzelt, dass du sagst, ich habe im Einklang mit mir gehandelt, es war mein Impuls und es war gut, dass ich das gemacht habe?

      Wenn du dir die Kritik zu Herzen nimmst, prüfe dich und dein Selbstvertrauen. Nutze sie, um dein Verhalten zu hinterfragen. Hättest du doch erst kurz nachdenken sollen und würdest es nächstes Mal anders machen? Welche Erkenntnis kannst du daraus mitnehmen? Wenn du zu dem Ergebnis kommst, du denkst nächstes Mal kurz nach, bevor du handelst, hat dir der Spiegel gezeigt (deine Gedanken über die Reaktion der Menschen), dass du nicht ganz sicher in dir bist. Dass du Handlungen doch erst durchdenken solltest, bevor du sie tust. Nächstes Mal fühlst du dich besser, mehr im Einklang mit dir, wenn du erst prüfst: fühlt es sich für mich richtig an, wenn ich das mache?

      (Wobei ich hier kurz erwähnen möchte, dass wenn du aus dem Impuls heraus handelst (wenn es zum Beispiel ein Zu-Hilfe-kommen war), du immer zu dir stehen solltest, weil du aus bestem Gewissen gehandelt hast. Liege ich damit richtig? Selbst wenn es im Nachhinein etwas gibt, was nicht ideal war, ist in solchen Fällen das Handeln aus dem Impuls heraus oft das Allerbeste. Andere Menschen hält ihre Angst zurück in Aktion zu treten. Du bist deinem Impuls gefolgt und hast versucht zu helfen. Aus reinstem und bestem Gewissen. Das verdient Respekt und Wertschätzung.)

      Es geht hier um dich. Was in deinem Inneren passiert durch das Bild, das du siehst. Was lösen die Reaktionen der Menschen in dir aus und welche Rückschlüsse ziehst du daraus?

      Ich hoffe ich konnte dir zu ein wenig mehr Klarheit verhelfen.
      Vielen Dank nochmal für die wertvolle Frage.
      Liebe Grüße
      BEttina

    • Hey Sören,

      ich sehe hier zwei Spiegelungen.
      Zum einen, hast Du spontan aus dem Bauch heraus gehandelt, und findest Deine Entscheidung auch jetzt noch richtig. Der Spiegel sagt also, dass Du ein spontaner Mensch bist, der sich in solchen Situationen auf seine Intuition verlasen kann.
      Dann sehe ich, dass Du Dir die Meinung zu Deinem Handeln, nur einen kurzen Augenblick zu Herzen nimmst. Der Spiegel zeigt Dir also, dass Du die Stärke hast, zu tun was Du für richtig hältst, egal was wer auch immer über Dich denkt.

      Noch ein Tipp, falls Du mal eine Reaktion bereuen solltest (das tun ja wir alle immer wieder): Da wir meist in Bruchteilen von Sekunden reagieren, – bevor unser Verstand sich einschalten kann – haut das mit den bewussten Entscheidungen nur dann hin, wenn wir nachdenken können. Aber es gibt eine Technik, die sich „emotionales Umerleben“ nennt. Wenn Du Dich mal über eine Reaktion von Dir ärgerst, weil DU sie nicht für richtig hältst, stelle Dir diese Situation nochmal bildlich vor – so als ob Du sie jetzt gerade erleben würdest. Nun reagiere so, wie Du es für angemessen halten würdest. Wiederhole dies ein paar mal, dass Du Dich richtig wohl fühlst, in Deiner souveränen Handlungsweise. Dein Unterbewusstsein speichert dies nun ab, und in Zukunft reagierst Du auf ähnliche Situationen nach Deinem „neuen Programm“. Funktionier übrigens auch sehr gut in Schriftform (Tagebuch).

      Alles Liebe, und eine bunte Woche,

      Martin

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