Body-Mindfulness Coaching – Körper und Geist in Einklang bringen (Interview)

18. Juli 2017

Interview mit Body-Mindfulness Coach Christina Neumaier

Auf einem Seminar habe ich die sympathische Christina Neumaier kennengelernt und stehe seither mit ihr in regelmäßigem Kontakt. Ich bin sowohl von ihrer herzlichen und offenen Art, als auch von ihrer Arbeit begeistert: dem Body-Mindfulness Coaching. Christina unterstützt in ihrer Arbeit Menschen dabei, sich durch ihren Körper wieder mit ihrer innersten Weisheit zu verbinden und im Einklang mit sich zu leben.

Christina war gerne bereit, mir ein Interview zu geben, damit auch du die Möglichkeit bekommst, sie und ihre wundervolle Arbeit kennenzulernen.

Liebe Christina, erzähl doch mal kurz von dir – wer bist du und was machst du beruflich?

Hallo liebe Betty, erst einmal vielen Dank für deine Einladung. Ich freue mich sehr über dieses Interview und die Möglichkeit, über meine Leidenschaft (meine Arbeit) zu sprechen.

Ich bin Christina, komme ursprünglich aus Salzburg und lebe und arbeite seit sieben Jahren in Berlin. Meine Faszination und Leidenschaft für Menschen, für ihre Geschichten und ihnen zu helfen hat mich zu meiner derzeitigen Tätigkeit gebracht. Ich unterstütze Menschen dabei, ihre gedanklichen und körperlichen Blockaden zu durchbrechen, um ein glückliches, freies und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Dabei haben mich meine eigene Geschichte und mein eigener Weg stark beeinflusst. Ich war als Kind sehr ernst, zurückgezogen und habe mich einsam und unverstanden gefühlt. Es fiel mir schwer, mich zu öffnen und Freunde zu finden. Das hat sich in meiner Jugend zwar geändert, aber ich habe stark eine Rolle gespielt, von der ich geglaubt habe, dass sie cool ist und gut ankommt. Ich wurde sehr tough, schlagfertig und abgehärtet – ganz nach der Devise: was dich nicht umbringt, macht dich nur härter.

Nach außen hin habe ich wie ein Mensch gewirkt, der genau das macht, was er will, der unabhängig ist und sich nicht unterkriegen lässt. Innerlich fühlte ich mich jedoch schwach, zerbrechlich, ängstlich und nicht geliebt. Mit 21 lernte ich meinen derzeitigen Partner kennen, der dies geändert hat. Er hat es geschafft, diese Mauern um mein Herz einzureißen und ich lernte loszulassen, mich mit Schmerz und Angst zu zeigen und damit immer mehr mit meinem Herzen verbunden zu sein. Das hat für mich den Weg geebnet, authentisch zu leben und mich mit mir und meinem Leben intensiv auseinander zu setzen.

Meine Ausbildung nach der Grinberg Methode hat diesen Weg noch vertieft und seit 2015 gebe ich dieses Geschenk in Form von Body-Mindfulness Coaching weiter.

Wie kamst du zu dieser Methode und was ist die Grinberg Methode?

Als ich 2010 nach meinem Kunstgeschichtestudium nach Berlin gezogen bin , war ich so gut wie gar nicht mit mir und meiner inneren Stärke verbunden. Ich habe mich gepusht, verurteilt und es gab immer diese Stimme in mir, die gesagt hat, „ich bin nicht gut genug“, „ich schaffe nicht genug“ und „ich muss, ich muss, ich muss“. Nach einem Jahr voller unbezahlter Praktika und erfolgloser Jobsuche, habe ich mich wie ein absoluter Versager gefühlt. Dieser konstante Druck – den ich mir selber gemacht habe – hat sich dann auch körperlich in Form von starken Nackenverspannungen gezeigt. Aber schlimmer – ich war leer, fühlte mich einsam und verzweifelt.

Eine gute Freundin hat mir von der Grinberg Methode erzählt und ich habe sie Gott sei Dank ausprobiert. Die Grinberg Methode ist eine Form von Körpertherapie, Achtsamkeit und Selbstheilung. Eine ganzheitliche Lernmethode, die über den Körper lehrt, Gewohnheiten zu verändern, Selbstheilungskräfte zu aktivieren und Wohlbefinden zu erlangen.

In der ersten Sitzung hat die Praktikerin mich darauf aufmerksam gemacht, wie es mir wirklich geht und ich habe mir erlaubt, dort hinzusehen. Sie hat mir mit Berührung und Worten gezeigt, wie ich den Schmerz, der in mir war, fließen lassen kann. Ich habe meinen Körper wieder lebendig gefühlt – kribbelnd und wie elektrisiert.

Ich bin aus dieser ersten Sitzung herausgeschwebt und fühlte mich endlich wieder am Leben. Nach zwei Monaten habe ich die 3-jährige Ausbildung zur qualifizierten Praktikerin der Grinberg Methode absolviert und damit meine Berufung und Leidenschaft gefunden: anderen Menschen auf gesunde und ganzheitliche Weise zu helfen. Mein Wissen gebe ich nun in Form von Body-Mindfulness Coaching weiter.

Was genau ist Body-Mindfulness Coaching?

Body-Mindfulness Coaching ist meine Eigenkreation – ich habe mich unter dem Titel „Qualifizierte Praktikerin der Grinberg Methode“ nicht mehr wohl gefühlt, mich nicht mehr 100% damit identifiziert. Es war, als ob ich mehr eine Methode präsentiere, als mich selber. Und ich bin viel mehr als die Methode.

In mein Coaching fließen all meine Erfahrungen mit ein, mein Wissen über Persönlichkeitsentwicklung und Coaching und Erkenntnisse aus hunderten von Büchern und vielen Seminaren.

In Body-Mindfulness Coaching sehe ich mich, meine Art zu sein und meine Arbeit wiedergespiegelt. Mindfulness bezieht sich auf ganzheitliche Achtsamkeit im Zusammenhang einer besonderen Wahrnehmungs- und Persönlichkeitsentwicklung, die Leiden stoppt. Dies geschieht über und mit dem Körper (Body). Ich bin überzeugt, dass alles Wissen schon in uns ist, in unserem Körper. Wenn wir uns über Achtsamkeit wieder mit unserem Körper verbinden, haben wir Zugang zu diesem Wissen. Dieses Wissen sagt uns, was wir in jedem Moment brauchen, wollen und lieben.

Ich zeige den Menschen, die zu mir kommen, wie sie sich wieder mehr mit ihrem Körper und diesem Wissen verbinden können. Damit gewinnt man wieder die Fähigkeit abzuschalten, sein Herz zu fühlen, Gefühle in Energie zu transformieren (denn Gefühle sind pure Energie), zu vertrauen und loszulassen.

Kannst du grob beschreiben, wie ein Body-Mindfulness Coaching abläuft?

Ein Coaching beginnt mit einem Gespräch – ich nehme mir Zeit, um mein Gegenüber näher kennen zu lernen und zu erfahren, was derjenige gerade will und braucht und was ihn bzw. sie blockiert.

Mit meiner Anleitung lenke ich die Aufmerksamkeit des Klienten dorthin, wo sie gerade gebraucht wird – in Form von Berührung, Gespräch oder Bewegung. Ich vertraue dabei 100% auf den Körper und was dieser erzählt – denn der weiß am besten, was gerade gebraucht wird. Meine Klienten lernen bewusst zu atmen, Verspannungen und Blockaden zu lösen sowie den Körper und die Gefühle bewusst wahrzunehmen und zu beschreiben. Eine Klientin hat meine Arbeit mal sehr treffend als „Physiotherapie für die Seele“ beschrieben.

Was sind häufige Probleme, mit denen die Kunden zu dir kommen?

Viele Menschen kommen auf Grund von körperlicher und/oder innerer Anspannung zu mir – das kann sich durch Nacken- oder Rückenschmerzen äußern, Stressgefühl und wenig Energie. Viele schaffen es nicht mehr richtig abzuschalten und spüren einen konstanten Druck und Enge oder ein Gefühl von Unzufriedenheit. Dieses Gefühl, das glaube ich viele kennen und mit dem die Frage einhergeht: „Das kann doch nicht alles sein, ich will mehr vom Leben!“

Wie kann ich die Weisheit meines Körpers verstehen lernen?

Indem du lernst, wieder achtsam zu sein.

Unser Körper sendet uns ständig Signale – zum Beispiel wenn wir müde sind, Hunger haben, Schmerz fühlen, Wut, Hass oder Verspannungen. Wenn wir einen achtsamen Umgang mit diesen Signalen lernen, dann bleiben wir in Verbindung mit uns.

Wie kann ich im Alltag üben, mich mehr mit meinem Körper zu verbinden?

Der schnellste und einfachste Weg wieder zurück in den Körper zu kommen ist über die Atmung. Die Atmung verankert dich im Hier und Jetzt und lässt augenblicklich den Kopf ruhiger werden. Ein Tipp ist, den Fokus auf die Atmung zu lenken d. h. zu fühlen. Zu erleben, wie die Luft durch die Lunge fließt. Ganz bewusst wahrzunehmen wie sich der Brustkorb bei jedem Einatmen hebt und beim Ausatmen senkt.

Hier auch eine Übung:
Stell dich hin und schließe deine Augen und lenke deine Aufmerksamkeit auf deine Füße. Wie fühlst du den Boden unter den Füßen? Wie und wo berühren deine Füße den Boden? Atme dabei tief ein und aus. Dann stell dir vor, wie bei jedem Atemzug mehr Gewicht in Richtung Boden sinkt und du deinen Körper komplett vom Boden tragen lässt. Dann nimm ganz bewusst deine Hände wahr und atme tief in den Brustkorb – stell dir vor, dass du den Atem bis zu deinen Händen fließen lässt.

Wie trittst du schwierigen Situationen entgegen? Gibt es eine Übung, mit der du dich mit dir verbindest?

Was für mich alles verändert hat war, mir meiner Gefühls- und Gedankenmuster bewusst zu werden. Alte Glaubenssätze zu erkennen, auf die ich mit bestimmten Gefühle reagiere. Wenn ich merke, dass ich aus einem alten Muster heraus reagiere, kann ich Distanz zum Hier und Jetzt schaffen und gewinne Raum, um neu zu reagieren.

Was noch wichtiger ist, ist bewusst zu atmen. Das hilft mir durch Angst zu gehen, loszulassen und mich wieder zu erden und Ruhe zu bewahren. Ich meditiere seit 2 Jahren täglich in der Früh, was diesen Prozess zudem noch unterstützt.

Und ich möchte auch noch mal betonen, dass es einfach ein konstantes Training ist und ich mich immer wieder bewusst für diesen Weg entscheide – denn es ist oft nicht der leichteste Weg, den schmerzhaften Dingen im Leben ins Auge zu schauen, aber für mich der mit dem größtmöglichen Wachstum für mich.

Wie hat sich dein Leben durch Body-Mindfulness Coaching verändert?

Puh, wo soll ich anfangen (lacht)? Ich habe gelernt, mich so zu akzeptieren wie ich bin und mir zu erlauben, authentisch zu sein. Ich habe gelernt, Nein zu dem zu sagen, was ich nicht will und mir nicht gut tut, was mein Leben ungemein vereinfacht und genussvoller gemacht hat.

Ich bin weniger gestresst und glücklicher – das heißt nicht, dass ich nie traurig bin, Schmerz fühle oder wütend bin, aber ich kämpfe nicht damit. Es gehört genau so zum Leben wie die Liebe und die Freude.

Mein Leben ist bewusster geworden und ich genieße mehr die kleinen Dinge im Leben – duftende Blumen, den Himmel, ein Lächeln – einfach den Moment. Ich reagiere nicht mehr automatisch auf die äußeren Umstände und Einflüsse, sondern habe den Raum gewonnen, mich immer wieder neu zu entscheiden, wie ich agieren will.

Und es hat mir geholfen, meine Automatismen und Schutzmechanismen aus der Vergangenheit zu entlarven und anders zu handeln oder zu agieren, als auf die alte, gewohnte Weise.

Zusammengefasst würde ich sagen, es hat mich mit mir und meinem Leben verbunden und mein Leben bewusster und intensiver gemacht.

Was möchtest du den Leuten da draußen mit auf den Weg geben?

Du hast es in der Hand, wie du dein Leben lebst. Du hast die Verantwortung, wie du reagierst und kannst deine Reaktionen steuern. Du bist kein Opfer. Achtsamkeit ist ein Weg, um aus dem Fremdgesteuert sein heraus zu kommen und wieder selbstbestimmt zu leben. Und vor allem hast du es sowas von verdient, genau das Leben zu führen, das du führen möchtest und es zu genießen. Das ist dein Geburtsrecht. Du darfst glücklich und erfüllt sein und das Leben führen, was du möchtest – du musst es dir nur erlauben.

Liebe Christina,

herzlichen Dank für das spannende Interview!

Wenn du Fragen an Christina hast, darfst du sie in den Kommentaren gerne stellen.

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