Ein Weg aus der Verzweiflung

12. Juli 2016

Was mir geholfen hat, mein Seelentief zu überstehen

Wenn du unglücklich bist und nicht weiter weißt, ist es wichtig, die Ursachen zu finden und an Lösungen zu arbeiten. Nun gibt es aber Situationen, in denen man weder die Ursachen, noch die Lösungen finden, ja nicht mal im Ansatz erahnen kann. Man sucht und sucht, setzt alles daran, eine Antwort zu finden, aber bleibt immer am Anfang der Suche.
ge
Dieser Umstand löst Verzweiflung aus. Je mehr du in diesem Zustand weiter nach einer Antwort suchst, desto weniger wirst du eine findest und desto schlimmer wird die Situation werden.

Hast du das schon erlebt?

Weißt du auch, warum das so ist?

Alles ist Energie – Das Gesetz der Anziehung

Deine Gedanken sind Energie. Worauf du deine Aufmerksamkeit lenkst, wird genährt. Das heißt, je mehr du dich auf etwas konzentrierst, je mehr du etwas fokussierst, desto intensiver wird es dir vorkommen und desto mehr unterstützt du das, worauf du dich konzentrierst, zu wachsen. Groß zu werden und Wirklichkeit zu werden.

Du formst mit deinen Gedanken das, woran du denkst.

Aber nicht nur deine Gedanken, auch deine Gefühle sind Energie. Je intensiver dein Gefühl ist, desto größer ist die Energie, die du mit diesem Gefühl ausstrahlst und mit der du die Dinge anziehst, die du fühlst.

Das ist das Gesetz der Anziehung.

Das Gefühl in dir ist entscheidender als deine Gedanken für das, was du erschaffst. Weil dich ein Gefühl erfüllt, weil du ein Gefühl in dir trägst und intensiv spürst. Ein Gefühl strahlst du nach außen aus: Wenn du glücklich bist, sieht man dir das an und spürt das, ebenso, wenn du traurig bist.

Gedanken haben nicht diese Wirkung.

Gedanken über Glück oder Traurigkeit sieht man dir nicht an und strahlst du nicht nach außen aus. Sie wirken sich demnach nicht so entscheidend auf das aus, was du in dein Leben ziehst, wie das Gefühl in dir.

Der Weg in die Verzweiflung

Da du nun den Zusammenhang von deinen Gedanken und Gefühlen und deren Auswirkung auf das, was du in dein Leben ziehst, kennst, wirst du auch den Weg in die Verzweiflung besser verstehen können.

  1. Gedanken

Das Maß deiner Aufmerksamkeit, mit der du dich auf dein Problem konzentrierst, ist die Kraft, die dein Problem erschafft. Kommen wir auf die ausweglose Situation vom Anfang zurück, in der du dich befindest. Je mehr du nun glaubst, in einer Sackgasse zu sein und dir diese Tatsache gedanklich vor Augen hältst, desto schlimmer machst du die Situation. Du unterstützt sie mit deiner Aufmerksamkeit, zu wachsen.

  1. Gefühle

Je mehr du an etwas denkst und glaubst, es für wahr hältst, desto mehr richten sich deine Gefühle an diesen Gedanken aus. Da du in diesem Fall an die ausweglose Situation denkst, dich in sie hineinsteigerst, beginnst du auch das, was du denkst, zu fühlen. Hilflosigkeit und Angst kommen auf. Die Angst, aus dieser Sackgasse nicht mehr herauszukommen. Da deine Gefühle ausschlagebend für das sind, was du in dein Leben ziehst – und du immer mehr von Angst erfüllt bist – ziehst du genau das an, wovor du Angst hast. Genau das, was das Wachstum von deiner ausweglosen Situation begünstigt und sie damit größer und erdrückender werden lässt.

  1. Druck

Mit der Angst kommt der Druck. Je größer die Angst, aus der Situation nicht herauszukommen, nicht zu wissen, was du tun sollst und wohin du gehen kannst, desto größer wird der Druck für dich, eine Antwort zu finden und dich da schnellstmöglich heraus zu holen. Dich aus dem Schmerz und dem Leid zu befreien, weil der Zustand für dich unerträglich wird.

  1. Unruhe

Druck schüchtert ein und versetzt dich in innere Unruhe. Du bist verwirrt und verängstigt. Alles in dir scheint im Chaos zu sein. Du kannst nicht mehr klar denken, weil die Ruhe für Klarheit fehlt und weil Angst wie ein schwerer Schleier über dir liegt. Sie lähmt dich.

Du hast quasi ein Blackout.

Stell dir vor, dein Chef verlangt von dir umgehend eine Lösung für ein Problem. Die Lösung findest du aber nicht gleich. Je mehr dir dein Chef Druck macht, desto überschatteter ist deine Aufgabe von der Angst, zu versagen. Je größer der Druck und damit die Angst, desto weniger klar kannst du denken, desto eingeschränkter wird dein Blick, desto unfreier wirst du in deinen Möglichkeit und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, deinem Chef keine Lösung präsentieren zu können.

Und dieser Umstand löst noch mehr Verzweiflung aus.

Wenn du in deinem Leben dringend eine Antwort für dich suchst, die du nicht findest, kann es dir genauso gehen.

Es ist eine Abwärtsspirale, in die du gerätst: Angst – Druck – Unruhe – Verzweiflung – Angst, die dich immer weiter runter ziehen kann, wenn du nichts dagegen unternimmst.

Warum du frei von Angst werden musst

Mit Angst beginnt alles. Sie nährt das Problem, sie verursacht Druck und Unruhe. Sie kann dich richtiggehend lähmen und dich immer weiter in die Verzweiflung ziehen.

Deswegen musst du dich von der Angst befreien.

Die Angst entsteht durch deine Gedanken an und über dein Problem. Da es nicht so einfach ist, die Angst loszulassen, kannst du versuchen, vom Problem loszulassen, damit die Angst verschwindet.

Und zwar von dem Problem: eine Antwort suchen zu müssen.

So unglaubwürdig das in einer Situation klingen mag, in der man Antworten gefühlt dringend braucht, ist es manchmal besser, keine Antwort mehr zu suchen.

Die Antworten werden dich finden – wenn du frei bist. Frei vom Druck und der Unruhe. Frei von Angst. Frei vom Problem.

3 Schritte, um vom Problem loszulassen (und der Verzweiflung zu entkommen)

1. Die Frage leben

Löse dich von den kreisenden Gedanken um deine Sorgen, weil sie doch nur eine Endlosschleife drehen. Du kommst nicht weiter und weißt nicht, wohin du gehen sollst. So gehe nirgendwohin und tue das, was du immer tust. Lebe das, was zur Zeit dein Leben ist und frage nicht nach Lösungen. Auch wenn dir nicht gefällt, was du tust. Tue, was du tun musst, um dein Leben zu bewältigen und nimm es hin, ohne zu fragen.

Dieses Loslassen von der Suche, dieses Seinlassen, wie es gerade ist, kann dich von dem Druck und damit von der Angst befreien. Und das kann deinen Geist wieder klar werden lassen und ihn für neue Möglichkeiten öffnen.

Rainer Maria Rilke hat das mal sehr schön in einem Brief an Franz Xaver Kappus geschrieben:

„Sie sind so jung, so vor allem Anfang, und ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, lieber Herr, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.“

2. Abstand schaffen

Um die Frage zu leben und dich vom Problem zu lösen braucht es manchmal Abstand zu diesem Problem. Dieser Abstand kommt nicht von selbst, sondern du musst ihn dir bewusst schaffen. Das heißt nicht, dass du die Situation verdrängen sollst. Du sollst durch den Abstand dein Problem aus dem Mittelpunkt rücken.

Das meinen auch die oft falsch verstandenen Worte: „Die Zeit heilt alle Wunden.“

Die Zeit heilt nicht.

Sie rückt nur das aus dem Mittelpunkt, was dich aktuell so schmerzt.

Unbewusst ist dein Verhalten wie ein Tumor. Ein Tumor will wachsen. Er nährt sich von seinem Wirt, ohne zu merken, dass er seinen Wirt auffrisst und dann selbst sterben wird. Du nährst dein Problem wie ebensolch einen Tumor, ohne zu wissen, dass du dich, je mehr du dein Problem fütterst, selbst zerstörst. Weil dein Problem irgendwann so groß geworden ist, dass es dich auffrisst.

Entziehe deine Aufmerksamkeit deinem Problem. Die Energie, mit der du es genährt und erschaffen hast. Dann hört es auf zu wachsen. Dann kann es dich nicht mehr auffressen. Nähre etwas Positives mit deiner Aufmerksamkeit. Beschäftige dich einfach mal mit etwas anderem, mit etwas, was dir gut tut oder du früher einmal gerne gemacht hast. Gehe an einen anderen Ort, verschaffe dir eine Auszeit. Ganz egal wie dein Abstand aussieht: gehe auf Distanz und entziehe deinem Problem die Aufmerksamkeit, mit der du es fütterst.

3. Leben in der Gegenwart

Wie auch immer dein Abstand vom Problem aussieht, ob du es einfach ignorierst und weiterlebst, ob du in den Urlaub fährst oder Ablenkung suchst: sei voll und ganz im Hier und Jetzt. Lebe in der Gegenwart. So abgedroschen das klingen mag, so wertvoll, bedeutsam und hilfreich ist diese Lebensweise. Nimm an, was ist, und lebe das, was ist und wie es ist. Jeden Tag aufs Neue. Nimm auch die Phasen der Traurigkeit an. Sei achtsam und lebe Moment für Moment, Stunde für Stunde und Tag für Tag. Halte dir nicht den Berg an Tagen, Wochen, Monaten vor Augen, die erdrückend vor dir liegen, weil diese Vorstellung wieder Angst wecken und dich lähmen würde.

Durch Leben in der Gegenwart verschwindet deine Aufmerksamkeit auf dein Problem und der Druck, eine Antwort zu finden. Der Druck, der dich einengt. Du wirst frei, weil du nicht verbissen nach einem Weg suchst, von dem du nicht weißt, in welcher Richtung er sich befindet. Du löst dich von der Angst und damit lässt die Angst dich los.

Mir hat das geholfen.

Alle drei Schritte: Die Frage leben. Abstand schaffen und in der Gegenwart leben.

Loslassen – die wiederkehrende Antwort auf alle Probleme

Ich war früher depressiv und bin täglich an mir gescheitert. Ich habe mich gehasst und alles, was ich war. Auf der verzweifelten Suche nach mir selbst, habe ich irgendwann losgelassen. Ich habe gelebt, so wie mein Leben war. Ohne zu fragen und trotz, dass mein Leben zeitweise wirklich schlimm für mich war. So schlimm, dass ich nichts als sterben wollte. Es gab nun mal keine andere Möglichkeit, die ich gesehen habe und hätte gehen konnte, außer weiterzumachen. Es war mühsam. Nicht schön und doch überwindbar. Als sich mir die Möglichkeit bot, für eine Woche zu Freunden in den Urlaub nachzukommen, habe ich diese Chance auf Abstand genutzt. Ich habe mich auf das neue Land und die Zeit mit den Freunden konzentriert, habe mich abgelenkt und meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gerichtet, als auf meine Sorgen. Ich bin nicht davon gelaufen, sondern habe meine Sorgen sein lassen. Schon diese Auszeit half mir etwas, mich aus der Verzweiflung zu befreien.

Nach diesem Urlaub war natürlich nicht alles gut, aber ich habe weitergemacht. Weitergelebt, ohne zu fragen und mich, ohne es zu merken, nach und nach gefunden. Habe mich aus dem Tal gekämpft, in dem ich mich selbst verloren hatte.

Jetzt – im Nachhinein – weiß ich, dass ich, wie Rilke es so schön beschrieben hat, die Frage gelebt und ohne es zu merken, in die Antwort hineingelebt habe.

Ich wünsche dir, dass es dir genauso geht.

Wie gehst du mit Verzweiflung um? Was hat dir geholfen, die schwierige Zeit zu überstehen?


Weiterführende Links

  • Den ganzen Brief von Rainer Maria Rilke findest du hier.

10 Gedanken zu „Ein Weg aus der Verzweiflung“

  1. Hallo,

    sehr sympathischer Blog wie ich finde! Ich denke loslassen hat mit Veränderung zu tun und Veränderungen sind meiner Meinung nach der Schlüssel zu mehr Lebensqualität. Mich haben die Veränderungen aus der Depression geholt. Ich schreibe darüber auf http://www.depressiv-leben.de

    Leider gelingt es nicht immer Probleme einfach loszulassen und es ist häufig auch nicht einfach die nötigen Veränderungen vorzunehmen. Diese Prozesse brauchen Zeit und man muss einsehen, dass man eine Veränderung braucht, bzw. diese gut für einen ist.

    Liebe Grüße
    Dennis

    Antworten
    • Hallo Dennis,
      vielen Dank! Ich sehe das genauso, dass in vielen Fällen der Mut zur Veränderung der Schritt in ein besseres Leben ist. Aber die Angst hindert uns oft daran, diesen Schritt auch tatsächlich zu gehen. Da bleiben wir lieber in Sicherheit und führen ein Dasein auf Kosten unseres Lebens, als den Schritt zu wagen, in die Freiheit und ins Glück zu gehen.
      Eine schöne Seite hast du. Es ist immer motivierend von Menschen zu lesen, die den Schritt geschafft haben. Da kommt mir die Frage auf: Hättest du Lust an meiner Blogparade teilzunehmen? (http://kreativgedacht.de/blogparade-leben-im-einklang-mit-sich-selbst/) Ich denke, du könntest da auch etwas Wertvolles zu beitragen.
      Liebe Grüße
      Bettina

    • Selten dass ich mich so wiederfinde und alles Sinn ergibt!
      Wo ich doch schon fast das ganze Internet durchhabe zu diesen Themen.

      Gleich in die Favoriten zum immer wieder lesen!

      Danke!

    • Gerne!

      Ich versuche schon lange von der Fokussierung auf das eine Problem wegzukommen was mich blockiert und lähmt und verzweifeln lässt. Es ist aber eher dieser Hyperfokus darauf welcher erst Recht verhindert das Problem zu lösen bzw. es sich von allein lösen zu lassen. Ich bin auch wie manisch und fanatisch ständig auf der Suche nach der einen Antwort, die es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ja garnicht gibt.

      Ich werde jetzt trainieren den Fokus abzubauen und das Thema aus dem Mittelpunkt zu nehmen. Ich glaube dazu ist viel Training nötig,oder?

      Jedenfalls lese ich immer wieder den Text hier wenn ich schwanke. Um wieder zurück zukommen zu meinem Vorhaben.

      Die Suche nach Lösungen und Antworten beenden. Ist ja gleichbedeutend mit Akzeptanz, oder?
      Das kann ja eigentlich nur der Weg sein!

    • Hallo Greyjoy,
      eine wertvolle Übung, die du dir ausgesucht hast: Den Fokus abzubauen. Das kann viel Training benötigen, muss aber nicht. Es kommt darauf an, wie sehr du bereits darin trainiert bist, das Problem zu fixieren. Da du sagst, dass du einen Hyperfokus darauf hast, wird es bei dir voraussichtlich mehr Training brauchen.

      Ich lade dich ein, dein Trainigsvorhaben etwas umzuformulieren. Nicht nur den Fokus abzubauen, sondern vielmehr deinen Fokus neu ausrichtest auf das, was du wahrnehmen willst. Denn „Fokus abbauen“ ist immer noch am Problem orientiert. Es drückt aus, was du NICHT willst. (zB. „Ich will mich nicht mehr auf negatives Gerede fokussieren“). Für dein Vorhaben ist es hilfreicher, wenn du überlegst, wo dein Fokus stattdessen liegen soll. Was willst du im Fokus haben? (zB „Ich fokussiere mich auf positive Gespräche.“)

      Und ja, du hast recht. Akzeptanz bedeutet, die Dinge sein lassen. Eine schöne Erkenntnis!

      Ich freue mich, dass dir der Text bei deinem Vorhaben hilft und wünsche dir alles Gute auf deinem Weg.
      Liebe Grüße

  2. „Unbewusst ist dein Verhalten wie ein Tumor. Ein Tumor will wachsen.“ – Wow, Bettina…

    Vielen Dank für diesen so persönlichen, authentischen und vor allem HILFREICHEN Artikel!

    Beste Grüße.

    Antworten
    • Hallo Ümit,
      ich danke dir für dein Feedback! Freut mich sehr, dass dir der Beitrag gefällt und hilft!
      Liebe Grüße
      Bettina

Schreibe einen Kommentar