Warum ein erster schlechter Eindruck eine zweite Chance verdienen sollte

2. August 2016

Und warum du aufhören solltest, in Bildern zu denken

Wie ich bereits in meinem Beitrag zur inneren Freiheit angerissen habe, sagte der indische spirituelle Meister Jiddu Krishnamurti, dass oft nicht die Menschen selbst, sondern die Bilder, die wir von den Menschen im Kopf haben, miteinander in Beziehung treten. Ich habe vor kurzem eine persönliche Erfahrung gemacht, die mir seine Aussage bestätigt hat. Und diese Erkenntnis hat mir geholfen, mit dem Menschen selbst in Beziehung zu treten.

Wie ich das gemacht habe? Davon möchte ich dir heute erzählen.

Zuerst von vorne.

Warum wir dem ersten Eindruck oft keine zweite Chance geben

Für den ersten Eindruck gibt es bekannter Weise keine zweite Chance. Das ist auch richtig. Aber es ist möglich, den ersten Eindruck zu widerlegen. Das kann durch die Person selbst geschehen, weil sie anders auftritt und sich der erste Eindruck als falsch erweist. Das kann aber auch durch uns selbst passieren, wenn wir bereit sind, der Person eine zweite Chance zu geben. Wenn wir das nicht tun, kann Folgendes passieren (und so erging es mir).

Der erste Eindruck, den ich von einer Person hatte, war negativ. Ihre Anwesenheit und Gegenwart empfand ich als störend. Sie hatte eine laute Aussprache, die sofort ein ablehnendes Gefühl in mir aufrief und einen unfreundlichen Tonfall, der mich dazu brachte, ihr weder viel Gehör zu schenken, noch mit ihr zu tun haben zu wollen. Zudem wies sie noch andere Eigenschaften auf, die ich als negativ empfand, dazu zählte auch ein nicht sehr gepflegtes Äußeres.

Mein erster Eindruck war: Unfreundlich, ungepflegt, herrisch – schlicht und einfach: unangenehm.

So habe ich mir ein Bild von ihr erschaffen.

So gingen wir auseinander und so bin ich ihr wieder begegnet.

Mit diesem Bild von ihr, das ich ihr auferlegt habe. Ein Bild, das alle Erinnerungen, Eigenschaften, Gedanken über die Person umfasst, die ich mit ihr verbinde.

Und sie hat dieses Bild auch beim zweiten Mal bestätigt.

Warum?

Weil ich natürlich nur das gesehen habe, worauf ich mich konzentriert habe und was ich sehen wollte. Durch meine negative Sichtweise ihr gegenüber, fand ich beim zweiten Treffen noch mehr Dinge, die ich an ihr nicht mochte und erweiterte mein Bild – meinen Eindruck von ihr – um diese negativen Eigenschaften.

Was hatte das nun zur Folge?

Sie kam aus dem negativen Eindruck, der durch die erste Begegnung in mir entstanden ist, gar nicht mehr heraus. Ich habe ihr im Grunde gar keine Chance dazu gelassen.

Was es mit dem „in Bildern denken“ auf sich hat

Man nennt das, was ich nach dem ersten Eindruck getan habe auch „Menschen in Schubladen stecken“. Das kann beim äußeren Erscheinungsbild anfangen, über die Hobbys und Interessen bis hin zu den Einstellungen und Sichtweisen gehen, die dafür sorgen, dass man Menschen anhand dem ersten Eindruck in Schubladen steckt. Sie kategorisiert und sich ein Bild von ihnen macht.

Das ist natürlich nicht sehr klug, passiert aber oft automatisch.

In der Regel bist du dann gezeichnet von diesem ersten Eindruck. Entweder die Person ändert sich grundlegend, oder du wirst in ihr immer das sehen, was sie dir im ersten Eindruck vermittelt hat.

Stell dir vor, jemand ist schüchtern und wirkt auf dich arrogant. Dein erster Eindruck ist negativ. Verschlossen und unfreundlich sind vielleicht die Eigenschaften, die du ihr zuschreibst. Dieses Bild von der Person trägst du nun mit dir herum und wenn du ihr erneut begegnest, rufst du dir diese Erinnerungen auf.

Ein anderes Beispiel im Hinblick auf den Terror: Du siehst einen südländischen Mann mit schwarzem Vollbart. Dir kommt in den Kopf, dass er aussieht, wie ein Terrorist. Jeder Mensch, der diese Äußerlichkeiten aufweist, fällt bei dir in die „Vorsichtig-sein-Schublade“.

Von jedem Menschen machst du dir ein Bild, das gewisse Eigenschaften aufweist. Wann immer du den Menschen begegnest, wirfst du ihnen dieses Bild über, das du dir von ihnen gemacht hast und trittst mit diesem Bild in Kontakt.

Du holst die Menschen sozusagen immer aus der Schublade heraus, in die du sie von Anfang an gelegt hast.

Und das manchmal zu unrecht.

Was du Menschen damit antust, wenn du mit den Bildern und nicht mit den Menschen selbst in Kontakt trittst

  • Du machst Menschen schuldig
    Wenn du bestimme Vorstellungen von Menschen hast, ohne sie zu kennen, sprichst du sie schuldig. Für das Bild, das du auf Grundlage deiner Erfahrung, Erinnerung und persönlichen Meinung erschaffen und ihnen auferlegt hast. Du verurteilst sie durch dein Denken über sie, ohne zu wissen, welche Seele in diesen Menschen steckt.
  • Du engst Menschen ein
    Wenn du bestimme Vorstellungen von Menschen hast, ohne sie zu kennen, gibst du ihnen nicht mehr die Möglichkeit, „neue“ Seiten zu zeigen, weil deine Meinung schon entschieden ist. Der Stempel wurde gesetzt. Sie sind gezeichnet und du siehst immer nur den Stempel, den du ihnen zugewiesen hast. Das ist kein Raum für anderes. Kein Platz für ein neues Bild. Du wirst sie nie so wahrnehmen, wie sie sind und sie werden sich dir nie so zeigen können, wie sie sind. Dadurch wirst du nie die Chance haben, diese Menschen richtig kennenzulernen.

Wie ich mit dem Menschen in Kontakt getreten bin

Ich bin der zu anfangs genannten Person mit diesem Wissen begegnet, weil mir bewusst wurde, dass mein Denken diese Beziehung völlig mit Negativität belastet hat und ich die Person im Grund überhaupt nicht kenne.

Ich begann all meine Vorurteile beiseite zu schieben und mich auf den Menschen einzulassen, der hinter dem Bild steht, das ich ihm übergeworfen habe und das mir bisher nur das gezeigt hat, was ich sehen wollte.

Und so hört ich hin:

Auf ihre Worte – nicht auf ihren Tonfall.
Auf ihre Handlungen – nicht auf ihr Erscheinungsbild.

Und ich habe gesehen, dass da ein liebenswerter Mensch dahintersteckt, den ich zu unrecht verurteilt habe.

Ich bin einem Menschen neu begegnet.

Ich bin ihm selbst begegnet, weil ich die Schuldzuweisung, die ich ihm durch meinen ersten Eindruck zugesprochen habe, von ihm genommen habe. Ich habe sie und mich von den gedanklichen Grenzen befreit, in die ich uns beide gesteckt habe.

Das hat meine Beziehung zu ihr verbessert und die Erfahrung an sich auch mein Leben bereichert.

Mit Augen der Liebe sehen

Sicherlich gibt es auch in deinem Umfeld Menschen, die du nicht magst. Die schlechte Erinnerungen in dir hervorrufen und die du meidest.

  • Kann es sein, dass du manche von ihnen gar nicht kennst?
  • Kann es sein, dass du von manchen in Bildern denkst, die auf den ersten Eindruck gebaut sind, dem du keine zweite Chance gegeben hast?

Versuche einmal, diesen Menschen neu zu begegnen.

Schieb alle Stempel und Bilder beiseite und erinnere dich daran, dass diesem Menschen eine Seele innewohnt. Etwas Göttliches. Etwas Unschuldiges, das du vielleicht nur durch dein Denken verurteilt und schuldig gesprochen hast.

Schieb deine Gedanken, Vorurteile, Bilder beiseite und begegne dem Menschen hinter dem Bild.

Du wirst erstaunt sein, wen du treffen wirst!

Hast du so etwas schon erlebt? Oder hast du Lust so etwas zu erleben?
Ich freue mich auf deine Erfahrung!

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