Was innere Freiheit bedeutet

21. Juni 2016

10 Erkenntnisse aus dem Buch „Einbruch in die Freiheit“

Sagt dir der Name Jiddu Krishnamurti etwas? Er war ein indischer Philosoph und spiritueller Lehrer, der sich viel mit dem Thema beschäftigt hat, wie man vollständige geistige Freiheit erlangen kann.

Ich habe das Buch „Einbruch in die Freiheit“ von ihm gelesen und wertvolle Erkenntnisse daraus mitgenommen, die ich dir in diesem Beiträg näherbringen möchte.

10 Dinge, die ich von Jiddu Krishnamurti über innere Freiheit erfahren habe

1. Innere Freiheit bedeutet, zu erkennen, dass alles eins ist

Die Erkenntnis, dass alles eins ist, ist für mich nicht neu. Trotzdem zur Erinnerung: Alles ist untrennbar miteinander verbunden. Es gibt keinen getrennten äußeren und inneren Prozess, sondern nur einen einheitlichen Prozess. Wie innen so außen. Alles, was wir wahrnehmen, ist ein Spiegelbild unserer selbst. Alles, was du wahrnimmst, ist geprägt von deinen persönlichen Einstellungen und Erfahrungen. Alles, was zu dir zurückkommt, ist eine Auswirkung von einer Ursache, die du einst bewusst oder unbewusst gesetzt hast.

Mit diesem Wissen kannst du dich selbst befreien von dem Glauben, dass Menschen, Umstände oder das Leben es nicht gut mit dir meinen. Auch wenn du die Ursache nicht kennst, haben all deine Handlungen dich in diese Position gebracht, in der du gerade bist. Alles, was dir begegnet ging einst von dir aus und repräsentiert das, was du in dir trägst oder zum Zeitpuntk der Ursache getragen hast. Du bist nicht Gefangener deines Schicksals. Du bist frei und hast die Möglichkeit, die Welt, der du begegnen willst, selbst mit zu bestimmen.

2. Innere Freiheit bedeutet, sich nicht an Dinge gewöhnen, die uns widerstreben

Wir neigen dazu, uns an Dinge, die uns stören, zu gewöhnen und den Umständen die Schuld dafür zu geben. Aber wenn wir uns an diese Umstände gewöhnen, wird unser Geist stumpf werden, weil das bedeutet, dass wir resignieren. Dadurch verlieren wir unsere Wachheit und Lebendigkeit. Nur wenn du aufmerksam bleibst und für die Zustände kämpfst, die dir gut tun, kannst du dich von Unterdrückung befreien und deinen Geist lebendig halten.

3. Innere Freiheit bedeutet, Menschen immer wieder neu zu begegnen

Wir erzeugen in jeder Beziehung ein Bild von der Person, mit der wir in Beziehung treten. Diese Bilder basieren auf unseren Bewertungen, Glaubensrichtungen, Erfahrungen und es sind diese Bilder, die in einer Begegnung miteinander in Beziehung treten – nicht die Menschen selbst. Wir kennen keinen Menschen wirklich. Alles was wir von jemandem wissen, ist das Bild, das wir aus der Erinnerung und der Vergangenheit erschaffen und ihm auferlegt haben.

Zwangsweise werden hier raus Konflikte entstehen, weil wir den Menschen nicht so wahrnehmen und sein lassen, wie er ist, sondern in ihm nur das Bild sehen, das wir von ihm erschaffen haben und in ihm sehen wollen. Dadurch verwehrst du dem anderen als auch dir selbst die Möglichkeit, den anderen Menschen richtig kennenzulernen. Daher: Begegne den Menschen immer wieder neu. So wirst du aufmerksam für die Bilder, die jenseits der Vorstellung liegen, die du von ihnen hast. Du befreist dich von deinen gedanklichen Grenzen, in denen du die Menschen einsperrst und in denen du sie wahrnimmst und wirst frei für den Menschen, der vor dir steht.

4. Innere Freiheit bedeutet, sich einem Problemen voll und ganz zuzuwenden

Ein Problem kann erst gelöst werden, wenn wir uns vollständig mit ihm befassen. Und das funktioniert lediglich in der Gegenwart. Wir müssen voller Achtsamkeit hinhören. Das Ausmaß der Aufmerksamkeit, mit der wir uns dem Problem zuwenden, ist die Kraft, die dieses Problem löst. Nur wenn wir uns voll und ganz dem Problem stellen, können wir es vollständig klären. Nur wenn du offen sprichst und handelst, anstatt hinzunehmen und nur zu grübeln, kannst du das Problem so handhaben, dass du hinterher nicht Gedanken und Sorgen mit dir herumträgst. Nur dann bleiben keine offenen Fragen, Verletzungen oder Wut in dir zurück. Wenn du dich offen dem Problem zugewandt hast, und alles in genau dem Moment, in dem es auf dich zukam, angesprochen und geklärt hast, ist dein Geist hinterher friedlich und damit frei.

5. Innere Freiheit bedeutet, unabhängig zu werden

Auch ein Mönch, der sich eine Robe anlegt, ist nicht frei, weil er Armut als Lebensform gewählt hat, sagt Jiddu Krishnamurti. Arm und somit frei ist nur der, der innerlich arm wird. Der psychologisch unabhängig von der Gesellschaft wir. Wer keinen Anreiz mehr braucht, um etwas zu tun und sich durch nichts Äußeres definiert, um etwas zu sein. Dann bist du wahrhaft unabhängig, weil du an nichts haftest und an nichts hängst. Dein Antrieb und deine Motivation erwächst in dir selbst und damit ist die Quelle dafür beständig. Sie kann durch nichts genommen werden, weil sie aus nichts hervorgeht, was du verlieren könntest. Dann bist du wirklich frei.

6. Innere Freiheit bedeutet, genießen, ohne zu begehren

Verlangen entsteht in vier Stufen: Wahrnehmung, Empfindung, Berührung und Begehren. Ich kann Genießen und mit Entzücken darauf schauen und es im nächsten Augenblick vergessen – dann genieße ich. Oder aber das Denken schaltet sich ein und erschafft das Problem. Das Denken beginnt zu vergleichen und zu urteilen. Es möchte die Erfahrung wiederholen und je öfters sie wiederholt wird, desto gewohnheitsmäßiger wird sie. Nur durch das Denken kann Genuss zur Sünde werden. Nur durch die gewollte Wiederholung der Erfahrung kann Sucht entstehen. Wenn du immer in der Gegenwart, ohne zu denken, ohne den Wunsch nach Wiederholung, dich dem Genuss hingibst, verspürst du nur Glück und Freude. Dann bist du frei und kannst einfach genießen.

7. Innere Freiheit bedeutet, das eigene Verhalten zu verstehen

Wir sind von so vielem bewusst oder unbewusst abhängig, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Dadurch sind wir nicht frei. Wir brauchen dies und jenes, um etwas anderes zu bekommen (Liebe, Bestätigung, Anerkennung,…). Von diesen Abhängigkeiten kann man sich nicht einfach lösen, aber man kann sie im Ganzen betrachten und verstehen lernen. Das heißt, zu erfassen, wie du denkst, warum du denkst, welche Worte du benutzt, in welcher Art und Weise du dich benimmst und dich im Umgang mit anderen verhältst. Wenn du dir das bewusst machst, nicht blindlings und routiniert agierst, sondern bewusst erkennst, was du warum und wie machst, dann ist dein Geist still und klar. Dann kannst du die Wahrheit hinter allem sehen, das Bild im Gesamten und nicht nur Bruchstücke davon. Wenn du das ganze Bild siehst, bist du frei.

8. Innere Freiheit bedeutet, unschuldig zu sein

Wissen und Erfahrungen stammen aus der Vergangenheit. Wir leben alte Muster in der Gegenwart und sind dadurch eingeengt und begrenzt, reagieren auf das Neue immer mit den Begriffen des Alten und sind daher ständig in Konflikt. Freiheit von Bekanntem ist der Tod und dann leben wir wirklich.Wir müssen jede Minute innerlich sterben, um dem Neuen entgegen treten zu können. Ohne Vorurteile und Erfahrungen. Wir müssen uns von allem gestrigen lösen, weil wir sonst durch die gedankliche Belastung der Vergangenheit gewohnheitsmäßig leben. Wie programmiert. In diesem Zustand kann man keine Freiheit fühlen. Versuche dich an die Einfachheit eines Kindes zu erinnern, an die Neugier und Lebensfreude, die einem Kind noch so mächtig innewohnt. Es denkt noch nicht und ist noch nicht geprägt von Erinnerungen und Erfahrungen. Sein Geist ist frisch, jung und lebendig. Sein Geist ist frei.

9. Innere Freiheit bedeutet, nicht mehr in Zeit zu denken

Wenn du in Zeit denkst, teilst du sie in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ein und genau das schafft Konflikt. Nur in der Zeit existieren Probleme. Die Zeit zwischen dem, was ist und dem Ziel, an das du kommen willst, schafft Leid. Einfach, weil es ein Ungleichgewicht zwischen soll und ist gibt. Weil es einen Handlungsspieldraum zwischen dir und deinem Ziel gibt. Versuche das, was du willst, jetzt zu haben, jetzt zu fühlen, jetzt zu sein. Dann bist du frei von der Dualität. Von dem Getrenntsein. Von dem Wunsch, woanders hinzugelangen. Dann gibt es nichts mehr, wohin du gehen könntest, weil du dich richtig fühlst, da wo du bist.

10. Innere Freiheit bedeutet, mit den Augen der Liebe sehen

Wirklich zu sehen bedeutet, klar zu sehen. Nicht nur das Äußere, sondern auch das Innere. Worte hindern uns daran, Dinge so wahrzunehmen, wie sie sind. Worte erschaffen Bilder, stellen Gedankenverbindungen zum erworbenen Wissen über die Dinge her. Nur wenn wir mit voller Hingabe betrachten, mit voller Achtsamkeit wahrnehmen, gibt es keinen Raum mehr zwischen dem Betrachter und dem, was wir betrachten. Dann gibt es pure Wahrnehmung, ohne Platz für Begriffsbildung oder Erinnerungen. Nur wenn du mit voller Selbsthingabe etwas anschaust, erkennst du die wahre Schönheit. Du bist frei von allem, was diese Schönheit durch Worte, Erinnerung und Gedankenverbindungen einengt. Dann schaust du mit den Augen der Liebe.

Innere Freiheit ist ein Zustand des Geistes

Für Jiddu Krishnamurti bedeutet wahre innere Freiheit, sich von allem Vergangenen zu befreien. Von allem, woran du dich geheftet hast, von was du dich abhängig gemacht hast und von was du gedanklich belastet bist.

Es bedeutet, sich vollständig von vorgegebenen Mustern zu lösen und alles in Frage zu stellen. Sein eigener Schüler, sowie Lehrer zu sein.

Innere Freiheit bedeutet, dem Leben, den Menschen und sich selbst täglich neu und voller Unschuld zu begegnen.

Denn nur so kannst du die Wahrheit in allem sehen.

Und wenn du die Wahrheit siehst, löst sich die Angst auf.

Und ohne Angst gibt es nichts als Freiheit.

Ich finde die Ansichten von Jiddu Krishnamurti sehr spannend. Seine Erkenntnisse machen mir bewusst, wie beengt wir leben und wie gefangen wir in unserem Denken geworden sind. Ich möchte versuchen, einiges in meinem Leben umzusetzen, auch wenn das schwer werden und seine Zeit brauchen wird. Denn wie viele Jahre haben wir uns  bemüht, dahin zu kommen, wo wir jetzt sind – wie lange haben wir gebraucht, uns in Ketten zu legen, die wir gar nicht mehr spüren?

Ich möchte in die Freiheit einbrechen.

Kommst du mit? 🙂


Weiterführende Links:

7 Gedanken zu „Was innere Freiheit bedeutet“

    • Liebe Bettina!
      Eine herausragende Einführung ins Buch von Krishnamurti ist Dir mit diesem schönen Text gelungen, und auch wenn er schon drei Jahre alt ist, möchte ich mich herzlich bei Dir dafür bedanken, mit welcher Mühe, Akribie und mit welchem Idealismus und Fleiss Du schreibst und anschaulich formulierst.
      Innere Freiheit ist wohl das Ziel jedes Menschen, und doch sind wir alle in Zwängen, Konventionen, Gesetzen und Regeln eingebunden…
      Ich wünsch uns allen, dass wir uns immer wieder davon frei machen und uns in Stunden der Stille und Meditation in unseren inneren Raum zurückziehen können, in dem wir wirklich frei sind und Gott begegnen können.

    • Lieber Hoalan,
      ganz herzlichen Dank für dein positives Feedback und deine wunderbaren Worte und Wünsche an uns alle. Das hast du so wunderschön formuliert und ich gebe diesen Segen von Herzen an dich zurück. Die Verbindung zu Gott / dem Göttlichen in uns ist der Halt, den wir in uns selbst schaffen können und der uns Führung und Sicherheit gibt und gleichzeitig Freiheit schenkt.
      Herzliche Grüße
      Bettina

  1. Hallo Bettina,
    was mich in diesem Kontext schon länger umtreibt ist folgender Gedanke: Im ersten Abscnitt steht:
    „Alles ist ein Spiegelbild unserer selbst. Alles, was zu dir zurückkommt, ist der Eindruck, den du in der Welt siehst. Mit diesem Wissen kannst du dich selbst befreien von dem Glauben, dass Menschen, Umstände oder das Leben es nicht gut mit dir meinen. Auch wenn du die Ursache nicht kennst, haben all deine Handlungen dich in diese Position gebracht, in der du gerade bist.“ Ist es vor diesem Hintergrund dann so, dass z. B. die Juden im Faschismus sich die Shoa selbst zugezogen und damit auch selbst zu verantworten haben?

    Antworten
    • Hallo Tobias,
      vielen Dank für deine sehr interessante und gute Frage. Ich teile dir mal meine Gedanken dazu mit und du kannst für dich prüfen, ob du damit etwas anfangen kannst. Es wird nun etwas spirituell 😉 Ich persönlich glaube daran, dass jeder Mensch/jede Seele ein Einzelschicksal hat. Ebenso ist jeder Mensch/jede Seele auch in ein Kollektiv eingebunden und teilt mit anderen ein Kollektivschicksal. Auch wenn wir in unserem Leben viel selbst beeinflussen können, sind wir in manchen Dingen gebunden an unsere Schicksale, die Teil unseres „Seelenplans“ sind.

      Der Holocaust ist ein Kollektivschicksal. Viele Menschen waren Teil dieses Kollektivs und haben daher dieses Schicksal erlitten (zu diesesm haben sie sich auf einer anderen, seelischen Ebene bereit erklärt. So schwer das auf den ersten Blick zu glauben sein mag.). Doch nicht jeder ist Teil dieses Kollektivs und die, die nicht dazu gehören, teilen ein anderes Kollektivschicksal. Das ist auch für mich der Grund, warum manche Menschen ein Flugzeug verpassen, das später abstürzt und bei dem alle Insassen sterben. Wenn sie nicht im Kollektivschicksal involviert sind, werden bestimmte Umstände dafür sorgen (zb. Stau, Unfall,…) dass sie dieses Flugzeug nicht besteigen. Weil sie nicht zu dem Kollektiv gehören und dieses Kollektivschicksal nicht teilen. Sie bleiben verschont.

      Ja ich weiß, dass mag völlig verrückt klingen, doch das ist was ich hier Kürze zu deiner Frage sagen kann.
      Liebe Grüße
      Bettina

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