Einsamkeit ist etwas, das viele hochsensible Menschen kennen. Sie können oft gut allein sein – und doch kommt irgendwann der Moment, in dem das Alleinsein nicht mehr gut tut. Es fehlt Austausch, Nähe und echte Verbindung.
In diesem Beitrag erfährst du, warum sich Hochsensible häufig einsam fühlen, wenn sie sich auf den Weg zu sich selbst begeben – und wie du zurück in die Verbindung findest.
Inhaltsverzeichnis
Die Rückkehr zu dir selbst
Die Rückkehr zu dir selbst und einem Leben im Einklang mit deiner Wahrheit ist ein kraftvoller Weg. Er führt dich zu innerer Ruhe, Klarheit und Lebendigkeit. Aber: Dieser Weg ist nicht immer leicht. Manchmal schon. Manchmal beginnt er mit einem klaren inneren „Ja! – Das bin ich. Das will ich.“ Doch manchmal beginnt er leise, zart – mit einem schmerzlichen Innehalten.
Weil wir erkennen, dass einiges, was wir im Leben aufgebaut haben, nicht ganz echt war. Wir haben funktioniert. Uns angepasst. Rollen gespielt. Entscheidungen getroffen, die vernünftig waren – aber uns nicht erfüllt haben. Freundschaften geführt, weil sie sich ergeben haben, und nicht, weil wir sie bewusst gewollt haben. Einen Beruf gewählt, weil er sicher erschien oder erwartet wurde, aber nicht, weil wir ihn geliebt haben. Vielleicht auch geheiratet oder eine Familie gegründet, weil das der „logische nächste“ Schritt war, aber nicht, weil wir das in der Tiefe gefühlt haben.
Diese Erkenntnisse können wehtun – aber der Schmerz ist auch ein Anfang.
Der Moment, der alles verändert
Viele von uns Hochsensiblen haben früh gelernt, sich selbst zurückzunehmen:
- Ja zu sagen, obwohl unser Inneres Nein ruft.
- Zu schweigen, obwohl etwas in uns sprechen will.
- Distanz auszuhalten, obwohl wir eigentlich Nähe oder Unterstützung bräuchten.
Wir passen uns an – oft jahrelang – und merken erst spät, wie weit wir uns von uns selbst entfernt haben: Von unseren Bedürfnissen, unseren Werten, unserem inneren Zuhause.
Wir sehr wir uns selbst verlassen haben, um dazuzugehören.
Doch irgendwann kommt dieser Moment, den wir nicht mehr überhören können…
Vielleicht ist es ein feines Unwohlsein, das massiv laut wird.
Oder eine Erschöpfung, die mit keinem Schlaf aufzuholen ist.
Vielleicht eine innere Leere – trotz äußerem Erfolg.
Und du merkst: Irgendetwas stimmt nicht.
Du fühlst dich dumpf. Einsam. Getrennt von dir selbst – und von anderen.
Unter dieser Schicht wächst eine Sehnsucht nach einem Leben, das echter ist. Verbundener. Erfüllter. Nach einem Gefühl von Zugehörigkeit – zu dir selbst, zu anderen und zum größeren Ganzen.
Wenn du diesen Moment zulässt, beginnt dein Weg: Der Weg zurück zu dir.
Rückzug – ein wichtiger Impuls zur Heilung
Auf dem Weg zurück zu uns selbst begegnen wir oft, womit wir nicht unbedingt rechnen: der Einsamkeit.
Denn der Weg zu sich selbst beginnt nicht immer mit der Erkenntnis, wer wir sind – sondern oft mit dem Wahrnehmen dessen, wer wir nicht (mehr) sind.
Vielleicht kennst du das.
Es sind Momente in denen du merkst, dass vieles im Außen nicht mehr zu dir passt. Dass du mit vielem nicht mehr in Resonanz bist – oder das Außen nicht mehr mit dir.
Das kann Angst auslösen. Frust. Wut.
Und dann kommt oft der Impuls: Rückzug!
Du ziehst dich zurück aus dem Alltag, aus Beziehungen. Vielleicht hast du sogar den Impuls, direkt deine Arbeitsstelle zu kündigen.
Du willst nicht mehr mitmachen, nicht mehr funktionieren.
Nicht aus Schwäche – sondern weil sich das Alte einfach nicht mehr richtig anfühlt. Und weil du zu lange gehofft, gekämpft und dich darum bemüht hast, dass sich alles doch noch einrenken wird.
Du hast deine Grenzen überschritten – viel länger, als du dir eingestehen willst.
Jetzt gibst du auf. Nicht dich. Sondern deinen Wunsch, etwas zu halten, was nicht mehr zu halten ist.
Dieser Rückzug (ohne impulsive Entscheidungen 😉 ) ist heilsam.
Weil er keine Flucht ist, sondern eine Rückkehr.
Ein notwendiges Stillwerden. Ein zur Ruhe-kommen. Ein Erspüren von sich selbst und ein Erforschen der Frage:
„Wer bin ich wirklich – jenseits all dessen, was ich gelernt habe zu sein?„
Wenn Alleinsein nicht mehr einsam ist
Wenn du dir erlaubst, eine Zeit lang wirklich mit dir zu sein, verändert sich meist etwas. Die Einsamkeit weicht und macht Platz für ein friedliches Alleinsein.
Weil du bei dir bist. Ohne Urteil. Ohne Maske.
Und oft ist dann alles in Ordnung.
Und deine eigene Bedürfnisse tauchen erstmals – oder wieder – auf.
Vielleicht gehst du im Wald spazieren, atmest tief zwischen den Bäumen,
und spürst: Ich darf einfach sein.
Oder du wirst kreativ – schreibst, singst, malst – nicht für Applaus, sondern weil dein Inneres sich zeigen will. Und du urteilst nicht, sondern erlaubst dir deinen Ausdruck. Liebst vielleicht sogar, was du erschaffst.
Oder: Du folgst deinem natürlichen Rhythmus. Gehst früh schlafen, weil dein Körper Ruhe braucht – und du bist völlig okay damit.
Und genau dann passiert etwas Heilsames:
Du verlässt dich nicht mehr.
Du bist bei dir. Ganz.
Und fühlst dich wohl mit dir. Vielleicht sogar so frei, lebendig, inspiriert und verbunden, dass du dieses Gefühl nicht mehr in deinem Leben missen willst.

Einsam unter Menschen: Der wahre Grund für unser Verlorensein
Doch dann kommen die anderen.
Der Alltag. Begegnungen. Blicke. Erwartungen. Erinnerungen.
Und auch: Die Zweifel.
„Bin ich zu viel?“
„Zu wenig?“
„Zu sensibel?“
„Sollte ich anders sein?“
Mit diesen Fragen lässt du bereits deine eigene Hand los. Du weichst von deiner Seite. Du verlässt dich selbst, je näher dir ein Mensch kommt – um zu passen, um nicht aufzufallen, um akzeptiert zu werden.
Plötzlich stellst du vermehrt dein Können infrage.
Deinen Körper und dein Aussehen.
Dich selbst mit deinen Eigenheiten.
Oder dein gemaltes Bild, das du eben noch mit Freude betrachtet hast.
Und mit dem Verlassen deiner selbst beginnst du, dich unsicher, getrennt und einsam zu fühlen.
Dieses Dilemma ist, was viele Hochsensible kennen:
Die Verbundenheit mit sich, wenn sie alleine sind – und den Verlust dieser Verbindung im Kontakt mit anderen.
Dieser Verlust ist es, der zu Einsamkeit und Getrenntheit führt.
Wir „verlieren“ uns nicht in Beziehungen.
Wir verlassen uns selbst.
Warum machen wir das?
Warum wir uns selbst verlassen – eine Schutzstrategie
Viele von uns haben als Kind gelernt: Echtsein ist riskant. Unser Ausdruck war nicht willkommen. Nicht erwünscht. Wurde nicht gehalten.
Wir waren zu intensiv, zu feinfühlig, zu lebendig.
Vielleicht hast du Sätze gehört wie;
„Sei nicht so empfindlich.“
„Stell dich nicht so an.“
„Du bist zu laut.“
Und so haben wir gelernt, uns selbst zurückzunehmen – Aspekte von uns verleugnet – um uns vor dem Schmerz der Ablehnung zu schützen.
Wir wurden still und haben uns angepasst, um geliebt zu werden.
Dieser Schutz wirkt oft bis heute.
Wir funktionieren, stimmen uns auf den anderen ein – und vergessen dabei uns selbst. Wir vermeiden echte Nähe, die durch Authentizität entsteht. Nicht, weil wir Nähe nicht wollen, sondern weil wir Angst haben, uns in dieser Nähe wieder verlassen zu müssen.
Wir haben oft – meist ohne es zu ahnen – eine Bindungsangst entwickelt.
So wählen viele das Alleinsein – und landen in der Einsamkeit, wenn sie echte Begegnungen nicht mehr wagen.
Hochsensibel und einsam? Du bist nicht allein
Wenn du dich darin erkennst: Wenn du gut mit dir allein sein kannst, aber Einsamkeit auftaucht, weil dir liebevolle Menschen fehlen…
Wenn du Verbindung willst, aber dazu neigst, dich in Beziehungen zu „verlieren“.
… dann ist das kein Zeichen von Schwäche – oder davon, dass du nicht in diese Welt passt.
Es ist ein Hinweis, dass du dich nach Echtheit sehnst.
Und zeitgleich Angst hast, genau damit sichtbar zu werden.
Manchmal scheint es leichter, allein zu bleiben oder nur mit sehr wenig Menschen Kontakt zu haben – oder nur mit Tieren.
Doch in Wahrheit wünschst du dir Nähe. Tiefe. Gegenseitigkeit.
Es ist ein Bedürfnis, das in uns allen lebt – und das gefühlt und erfahren werden will.
Echtes Bei-dir-Sein: Der Weg aus der inneren Einsamkeit
Der Weg zurück zu dir bedeutet:
Ja – Dich zu lösen von dem, was dir nicht mehr entspricht.
ABER AUCH dich zu öffnen – für das, was du dir in der Tiefe wünschst.
Es bedeutet auch ehrlich hinzuschauen:
Ziehst du dich zurück aus Schutz vor Reizüberflutung und einem ungesunden Umfeld – oder aus Angst vor echter Nähe?
Ich kenne beides.
Ich weiß, wie stark sich Selbstzweifel zeigen können, wenn Nähe entsteht.
Ich weiß, es braucht Mut, bei sich zu bleiben – auch wenn andere da sind.
Aber ich weiß auch: Es lohnt sich.
Denn genau dort liegt die Verbundenheit, die Freiheit, das Ankommen und die Stärke:
Im Ja zur echten Begegnung, in der es nicht darum geht, etwas zu tun, sondern zu sein.

„Einfach sein“ – schön und schwer zugleich
„Einfach zu sein“ klingt schön – ist aber für viele Hochsensible ungewohnt und manchmal auch beängstigend, weil sie es nicht gelernt haben.
Allein gelingt es oft leichter. Doch sobald jemand bei uns ist, fällt es schwer. Dann verfallen wir in Rollen, in Anpassung und Funktion, um unseren vermeintlich rechtmäßigen Platz zu haben – und entfernen uns wieder von uns selbst.
Aber: In der Entscheidung, bei dir zu bleiben – auch mit klopfendem Herzen – liegt deine Kraft.
Genau dort beginnt Verbindung – zu dir selbst, zu deiner inneren Stabilität – und zu anderen.
Der Weg zurück zu dir, zu deiner Wahrheit, ist nicht nur Rückzug. Er ist auch eine Bewegung nach vorn, ein mutiges Ich-bin-da. Ein: Ich-halte-meine-Hand, auch wenn ich zittere.
Denn wenn du dich zeigst mit allem, was du bist, wirst du erleben, dass es Menschen gibt, die genau das sehen wollen. Die dich nicht lieben, weil du passt, sondern weil du bist. Die dich nicht verlassen. Und dass auch du dich nicht verlassen musst, um angenommen zu sein.
Ehrlicher Kontakt und echte Verbindung entstehen nicht dadurch, dass wir uns angleichen. Sondern dadurch, dass wir ganz da sind.
Aus diesem Da-sein an deiner Seite erwächst deine Stärke. Deine Größe. Deine Authentizität, in der du dir erlaubst, dich zu zeigen mit deinen Stärken – und mit deinen Schwächen. Mit deinen Bedürfnissen – und deinen Grenzen. Mit deinen Eigenheiten, die dich – als Aspekte von dir – wunderschön, echt und liebenswert machen.
Dann beginnt wahre Freiheit und wahres Wachstum: Im Sein wie du bist, um zu werden, wie du sein kannst. Ohne Druck. Ohne Härte. Sondern durch die Erlaubnis, mit dem Fluss des Lebens zu fließen.
Doch wie sieht das konkret im Alltag aus?
Wo du dich im Alltag verlässt – und wie du bei dir bleibst
Vielleicht bist du mit Freunden unterwegs, alle wollen noch weiterziehen – aber du spürst: Ich will nach Hause. Doch du sagst nichts – aus Angst, andere zu enttäuschen. Und fühlst dich innerlich einsam.
Oder du sitzt in einer Runde, hörst Meinungen, mit denen du nicht übereinstimmst – doch du schweigst. Aus Angst vor Verurteilung oder vor einer Diskussion, der du nicht standhalten kannst. Und fühlst dich innerlich getrennt.
Das sind Momente der Selbstverlassenheit.
Was wären hier erste Schritte, um bei dir zu bleiben?
Ein ehrlicher Satz wie:
„Ich genieße das hier sehr, aber merke, dass mein Körper jetzt Ruhe braucht. Ich verabschiede mich für heute.“
Oder: „Ich sehe das ein bisschen anders. Wollte ihr meine Sicht hören?“
Nicht im Streit, nicht im Widerstand. Sondern in Verbindung. In deiner Sprache. In deinem Tempo.
Das sind kleine Schwellen im Alltag, an denen du wählen kannst:
Verlasse ich mich? Oder bleibe ich bei mir?
Du kannst dich fragen:
- Wo sage ich Ja, obwohl mein Inneres Nein sagt?
- Wo verstumme ich, obwohl etwas in mir sprechen will?
- Wo zeige ich Stärke, obwohl ich mich schwach fühle?
Und was wäre hier ein kleiner Schritt zurück zu dir?
Kein großer Wandel. Nur ein einziger Moment der Wahrheit.
Ein ehrlicher Satz.
Ein bewusstes Nein.
Eine authentische Geste.
Diese Affirmationen können dir dabei helfen:
„Ich bleibe bei mir, auch wenn andere da sind.“
„Ich halte meine Hand, auch wenn ich zittere.“
„Ich bin da – und verlasse mich nicht.“
Dieser Schritt in deine Authentizität kann zunächst Mut kosten. Du betrittst neues Terrain. Doch es lohnt sich! Denn jedes Mal, wenn du bleibst, an deiner Seite – auch mit klopfendem Herzen und zitternder Stimme – wächst in dir die stille Kraft und innere Gewissheit:
Ich darf sein.
Mit meinen Eigenheiten.
Mit meinen Bedürfnissen.
Mit meinen Grenzen.
Meiner Meinung.
Meinem Tempo.
Weil ich es mir erlaube.
Und das verändert alles!
DU wirst zu deinem Anker. Anstatt das Blatt im Wind zu sein, dass durch die Reaktionen anderer erzittert, wählst du den Stamm. Die tiefen Wurzeln. Und hältst deine Hand, auch wenn sie zittert.
Dich einsam fühlen – ein Ruf zurück ins Leben
Natürlich ist es wichtig, Menschen zu wählen und finden, die dich sehen. Die deine Werte teilen. Die bereit sind, dich anzuerkennen.
Aber wir dürfen auch mutig den Anfang wagen.
Nicht nur warten, dass andere sich bewegen, sondern zeigen: Ich bin bereit für echte Begegnung – mit mir und mit anderen. Und manchmal stellen wir fest, wie sich Begegnungen verändern, vertiefen – weil WIR uns anders zeigen.
Rückzug ist wichtig.
Aber wenn das Alleinsein zu Einsamkeit wird, dann ist das der Ruf deiner Seele:
„Komm zurück ins Leben. In die Verbindung.“
Dazu ermutige ich dich.
Weil es so sich so viel schöner und leichter leben lässt, wenn wir der Stamm sind – und nicht das Blatt im Wind. Wenn wir erkennen, dass wir verwurzelt sind, und die Regungen unseres Geistes und unserer Gefühle Aspekte von uns, aber nicht der Kern unseres Wesens ist.
Somit wünsche ich dir Erfahrungen, die dich nähren – im Alleinsein und mit Menschen.
Erfahrungen, die dich erinnern:
Du darfst du selbst sein.
Es ist schön und aufregend, du selbst zu sein.
Und du bist nicht allein.
Darin liegt der Weg in die Verbundenheit und Freiheit:
Menschen zu begegnen – während du bei dir bleibst.
Wo erlaubst du dir, echter zu sein? Und was hast du erlebt?
Teile gerne deine Gedanken in den Kommentaren. Ich freue mich auf den Austausch mit dir.
Hi, ich bin Bettina. Als Coach und Autorin helfe ich hochsensiblen Menschen dabei, Stabilität und Stärke in sich selbst zu entwickeln und ein Leben zu gestalten, das sie tief im Inneren zufrieden macht.